Camillo Goldscheider Deutsche Export Revue 1910

Kleinplastiken von Camillo Goldscheider

Camillo Goldscheider

Wien, Österreich

Camillo Goldscheider gründet im April 1909 nach einem Streit mit seiner Mutter und seinen Brüdern eine eigene Fabrik in Wien unter der Firmierung „Camillo Goldscheider, Friedrich Goldscheider Sohn“, und stellt „Decorative Plastiken“ in Marmor, Bronzen, Elfenbein, Holz und Emaille her. Auch Camillo verfolgt ähnliche künstlerische Ideale wie sein Vater Friedrich und will die Kleinplastik in verschiedenen Materialien durch seine Ideen und Werke prägen.

Die Deutsche Export-Revue bezeichnet die Gründung der neuen Werkstätte als eine der „interessantesten Erscheinungen im modernen Kunstgewerbe“ und rühmt die „tadellos feine (…) Ausführung der Plastiken, Uhrgehäuse, Beleuchtungskörper“ in „Bildhauerei und Patinierung“. Auch von anderen Stimmen wird ihm „volles künstlerisches und technisches Verständnis“ zugesprochen. Mit Neuheiten aus Petrazit (Petrarciastein) und Beleuchtungskörpern tritt er auf der Messe am Leipziger Neumarkt im Zeissighaus auf und schaltet diesbezüglich etliche Anzeigen, unter anderem auf dem Heftumschlag der Deutschen Export-Revue Nr. 19 aus dem Jahr 1909/10.

Camillo Goldscheider Kinder Symphonie Gruppe
Camillo Goldscheider – Kinder Symphonie Gruppe

Das Petrazit wird als „eine leichte, sehr bildungsfähige Masse, die die Einzelheiten der Linienführung in den kleinsten Figürchen wiedergibt“ bezeichnet, deren Bemalung eher einer pastösen, wie in die Masse eingehauchten „Tönung der Farbe“ entspricht. Die Herstellung der Modelle ist innovativ, da dieser kolorierte Kunststein bislang nicht für Kleinplastiken verwendet worden ist.

Camillos Weg in die Selbständigkeit ist jedoch mit dem Zusammenbruch seiner Familienbande verbunden. Dem Streit mit seiner Mutter und seinem Onkel kommt hinzu, dass sich seine Frau von ihm scheiden lässt. Er stellt zwar noch auf der Leipziger Ostervormesse im Jahr 1910 aus, doch bereits im April 1910 stellt er den Betrieb ein. Bis 1916 wird Camillo in den Wiener Adressbüchern geführt und anschließend in ein Sanatorium eingewiesen, wo er bis Ende der dreißiger Jahre versorgt und von seinen Brüdern finanziell unterstützt wird.