Arthur Goldscheider Stefan Dakon Celine Lepage Alexandre Kelety
Art Deco
Art Déco in Paris unter Arthur Goldscheider
Arthur Goldscheider
Paris, Frankreich
Im Jahr 1921 entwirft Céline Lepage die Figur „Mendiante a Marakech“ (Bettlerin von Marrakesch), die zu einem beliebten Sujet wird und in verschiedenen Größen von Arthur verkauft wird. Die von Arthur Goldscheider vertriebenen Kunstgegenstände werden in zahlreichen Fachhäusern angeboten – von Amiens, Bordeaux, Lyon bis Toulouse. Zu den beworbenen Figuren gehören Ende 1924 die Bronzen „Tigre en furie“ von La Monaca, „La danseuse Nattowa“ von Serge Yourievitch (ausgestellt im Salon D’Automne 1923), „Danse Bachique“ von Pierre Le Faguays, „Dancing Girl“ sowie die Bronze-Elfenbein-Figur „Jongleuse“ von Bouraine, „Pierrette“ von van der Straeten sowie die Bronze-Marmor-Gruppe „Jalousie“ von Ch. Monginot (ausgestellt im Salon A.F. 1924).
Céline Lepage gehört der von Arthur Goldscheider gegründeten Künstlergruppe „La Stèle“ an, ihre „Bettlerin“ stellt er auf der bedeutenden Pariser Ausstellung „Exposition des Arts Décoratifs et Industriels Modernes“ im Jahr 1925 unter dem lieblicheren Namen „Femme de Marakech“ (Frau aus Marrakesch) aus. Arthur Goldscheiders Teilnahme an dieser – den Begriff Art Déco prägenden – Ausstellung ist von besonderer Bedeutung: in einem eigenen, von Eric Bagge entworfenen Pavillon präsentiert Arthur die Werke von zwei progressiven Künstlergruppen: La Stèle und Évolution. Unter „La Stèle“ sind moderne Bildhauer vertreten, unter „Évolution“ die kunstgewerblichen Dekorateure.
Neben Lepage gehören La Stele die folgenden Bildhauer an: E. Arnold, Daniel Bacqué, Armel Beaufils, Henri Bouchard, Max Blondat, André Marcel Bouraine, Jean-Marie Camus, Frédérique Ozeanne Cederlund, Georges Chauvel, Fernand David, Georges Halbout, Gaston Hauchecorne, Nathan Imenitoff, Raoul Lamourdedieu, R. La Monaca, Paul Maximilien Landowski, Pierre Lenoir, Charles Malfray, Joël Martel, Henri Navarre, François Emile Popineau, Marius Sain, Antoine Sartorio, S. Tallichet, Marcel Temporal, Pierre Traverse, Pierre Vigoureux und Jean Verschneider. Sie stellen vor allem stilisierte Figuren in Bronze, Elfenbein, Marmor oder aus Materialkombinationen her.
Zu den Mitgliedern der Künstlergruppe Evolution gehören neben dem Architekten Eric Bagge die Kunstgewerbler (Keramiker, Töpfer, Goldschmiede etc.) und Dekorateure: Jean Besnard, A. Brugier, H. Brunel, Edouard Cazaux, Cochet-Ewald-Kohler, R. Drouart, H. Dubret, Dreyfus-Stern, J.-B. Gauvenet, Maurice Gensoli, L.-D. Germani, J.-Ch. Goetz, Guénou, J. Guinard, Claudius Linossier, J. Malfrey, P.-E. Mangin, Sybille May, N. Méheut, E. Membré, Alexandre Noll, S. Olesievicz, H. Pecquériaux, Ekiel Raby (der für seine ausgestellten Elfenbeinartikel sogar den „Großen Preis“ erhält), H. Rapin, G. Ringuet, A. Rivir, Jean Sala, E. Schenk & fils, Jean Saint-Paul und erneut Jean Verschneider sowie Victor Amalric Walter.
Beide Gruppen stehen unter der künstlerischen Leitung des vielseitig begabten Marcel Temporal und beteiligen sich aktiv an der „industriellen Herstellung ihrer Kreationen.“ Dies ist ein bedeutender Fortschritt des bisherigen Systems, bei dem bislang der „Éditeur“ Modelle von Künstlern ausgewählt hat und sie ohne die „ästhetische Kontrolle“ des Künstlers beliebig reproduzierte.
Im Sog des Erfolgs auf der Pariser Ausstellung ruft Arthur Goldscheider eine neue Publikation ins Leben. Gemeinsam mit dem französischen Kunstkritiker Yvanhoé Rambosson, der die Texte schreibt, publiziert Arthur im Jahr 1926 mehrere Hefte unter dem Titel „L’Évolution Artistique“, die das Anliegen der beiden Künstlergruppen verdeutlichen. Für den englischsprachigen Markt erscheint das Werk unter dem Titel „Artistic Evolution“, zusammengefasst in zwei Bänden. Rambosson und Goldscheider plädieren in diesen Schriften für eine stärkere Einbeziehung der Künstler in den industriellen Produktionsprozess und sprechen sich für die Serienproduktion, also für die preiswertere Vervielfältigung, aus. Ihre Forderung widerspricht der bislang üblichen französischen Tradition der Trennung der kunstgewerblichen Unikat-Erzeugung in kleinen Familien-Manufakturen und den industriellen Serienproduktionen der Fabriken.
Arthur Goldscheider setzt sich dafür ein, dass die Künstler sich mit dem technischen Prozess der Herstellung besser bekannt machen und dementsprechend auch ihre Modelle an die technischen Möglichkeiten optimieren. Durch die Serienproduktion wird einer breiteren Käuferschicht der Erwerb eines preiswerteren und dennoch hochqualitativen Kunstgegenstandes ermöglicht, bei dem jedes Stück vom Künstler selbst für den Verkauf freigegeben worden ist. Es geht laut Rambosson um eine „Revolution“ in der Methode kommerzieller Produktion. Dieser Ansatz soll sowohl national wie auch international die Aktivitäten des französischen Kunstgewerbes stärken und die Zufriedenheit auf beiden Seiten, sowohl bei den Künstlern wie auch den Käufern fördern. Rambosson und Goldscheider verfolgen hiermit auch ein aus dem Jugendstil übernommenes Gesellschaftsideal, bei dem nur durch niedrigere Preise „alle Gesellschaftsschichten“ an der Schönheit des Kunstgewerbes teilhaben können.
Einzelne Künstler der beiden Gruppen La Stèle und Évolution können sich am Markt sehr erfolgreich behaupten. Im Salon der Société des Artistes Français wird von Arthur Goldscheider im Jahr 1928 Henri Proszynskis Zierbrunnen „Le Bouc“ gezeigt sowie Demêtre Chiparus Bronze „La Danseuse Ta-Keo“. Mitte der 30er Jahre wird die Firma des sechzigjährigen Arthur Goldscheider geschlossen, viele der von ihm vertretenen Bildhauer gehen zur Konkurrenz „Les Neveux de J. Lehmann“.