Es vergehen über 30 Jahre seit Auflösung der Wiener Manufaktur durch Walter Goldscheider, bis die erste große Retrospektive zur Goldscheider Keramik stattfindet. Im Historischen Museum der Stadt Wien wird im Dezember 1985 ein Teil des Depot-Bestandes ausgestellt, der größtenteils einer Schenkung des Enkels von Camillo Goldscheider und Großneffen von Walter Goldscheider zu verdanken ist: Dr. Peter Goldscheider und seine Frau Brigitte übergaben dem Museum über 300 Objekte aus ihrer über Jahrzehnte selbst erworbenen Sammlung und ermöglichten somit diese Ausstellung zum hundertjährigen Jubiläum der Goldscheider Manufaktur. Deren Exponate umfassen alle Stil-Epochen der Manufaktur: vom Historismus, Jugendstil bis Art Déco.
Folgende Modelle sind über die Goldscheider Keramik GmbH in Wien noch erhältlich.
Fortsetzung der Keramik-Tradition in Stoob durch Peter Goldscheider
Zwei Jahre später gründet Peter Goldscheider gemeinsam mit dem Industriellen Michael Sommer im burgenländischen Stoob die „Goldscheider Keramik GmbH“ zur „Erzeugung und Vertrieb von keramischen Produkten“. In Zusammenarbeit mit der in Stoob ansässigen Keramikschule beginnt mit acht Mitarbeitern die neue Produktion von Fayencemodellen. Peter will keine Massenproduktion, sondern die künstlerische und technische Qualität der Manufaktur fortsetzen.
Zur ersten Modellreihe gehört eine Auswahl von etwa 15 der populärsten Goldscheider Modelle aus der Zeit zwischen 1885 und 1938. Die Reproduktion dieser komplexen und hochqualitativen Goldscheider Figuren benötigt ein Fachwissen, das nur noch wenige Facharbeiter beherrschen. Die hochpreisigen Reproduktionen der alten Goldscheider Modelle sind fast identisch mit den ursprünglichen Originalmodellen und erscheinen in limitierter Edition von 1.000 bis 3.000 Exemplaren, jedes einzelne Stück ist mit fortlaufender Nummer versehen. Der Stempel der Stoober Goldscheider Manufaktur zeigt den Schriftzug Goldscheider sowie darunter ein großes G und Vienna (also nicht mehr GWM), meistens auch eine leicht modernisierte Abbildung der Sculpture-Marke.
Die fertigen Kunstgegenstände werden genauso wie ihre Vorgängermodelle weltweit vertrieben und stoßen vor allem in den USA und Japan auf Interesse. Im Jahr 1990 werden bereits 20 Mitarbeiter beschäftigt, die an drei Produktionslinien arbeiten. Neben den klassischen Reproduktionen werden bei Goldscheider in Stoob auch Objekte zeitgenössischer Künstler in limitierter Auflage detailtreu produziert.
Einer der zeitgenössischen Künstler ist der Wiener Surrealist Leherb, der zwischen 1989 und 1991 in der Stoober Manufaktur das Monumentalwerk „Tor für ein imaginäres Museum“ erstellt – ein überdimensionales Tor aus Bronze und Keramik. Die auf 140 Exemplare limitierten Vasenköpfe „Konzert für ein goldenes Telefon“ und „Sonate für eine Träumerin“ sind ebenfalls von Leherb. Auch der aus Italien gebürtige Bildhauer Wander Bertoni beteiligt sich um 1992 mit drei Fayence-Modellen aus seinem „Indischem Tagebuch“ an dieser zweiten Produktionsreihe hochwertiger moderner Keramik.
Die dritte Produktionsreihe soll für jeden preislich erschwinglich sein. Im Gegensatz zu den Kunstserien ist diese Gebrauchskeramik (Fließen, Vasen etc.) nicht limitiert und wird als Großserie angeboten. Darunter fallen auch die unter dem Label „GEO-ART“ vertriebenen Gebrauchsgegenstände wie Aschenbecher, Vasen und Kerzenhalter, die vom Porzellan-Designer A. Stepan nach durchdachten, geometrischen Mustern entworfen werden. Diese Großserie von Gebrauchsgegenständen ist auch die profitabelste der Produktionsreihen.
Aufgrund der hohen Produktionskosten und des nicht ausreichenden Absatzes wird die Produktion der klassischen und modernen Goldscheider Keramik eingestellt. Im Oktober 1994 wird die komplette eigene Produktion eingestellt, da die Produktionskosten aufgrund der hohen Ansprüche an die handwerkliche Ausführung zu hoch waren und die Lebensverhältnisse und der Geschmack der Menschen sich geändert haben. Dies ist auch das Ende der Produktion von Goldscheider Keramik.