Das traditionsreiche Majolikaunternehmen Carstens stellt nach dem Krieg im Gegensatz zu Goldscheider vor allem Artikel für den täglichen Gebrauch her, die in der Regel farblos glasiert werden. Diese werden stark nachgefragt, da durch den Krieg und die Bombenangriffe die meisten Haushalte zerstört worden sind. Carstens ist in diesem Bereich erfolgreich und beschäftigt um 1950 bereits 300 Mitarbeiter. Durch den Kauf der Produktionslizenz von Goldscheider kann sich Carstens nicht nur mit der renommierten Weltmarke der Keramik schmücken, sondern seine Produktpalette um figurale Keramik und populäre Wandmasken erweitern und die Auslastung seiner Brennöfen steigern.
Die Goldscheider Produktlinie, darunter viele bewährte Modelle aus Wien, werden in einem neu errichteten Gebäude auf dem Tönnieshof in Fredelsloh, dem Fabrikgelände von Carstens, hergestellt. Da die Produktion der Goldscheider Artikel um Vielfaches schwieriger ist als die bisherige Carstens Erzeugung, müssen einige der Wiener Angestellten und Arbeiter auf den Tönnieshof umziehen, um Carstens bei dem Aufbau der Produktion behilflich zu sein und die dortigen Arbeitskräfte anzulernen.
Im Juni 1953 gründet die Majolikafabrik Carstens das Tochterunternehmen „Kunstkeramische Manufaktur Goldscheider GmbH“ mit Sitz in Fredelsloh und startet die Produktion. Da auf dem Tönnieshof die Herstellung figurativer Keramik im Fayence-Verfahren bislang unbekannt ist, beschließt man, die Figuren von Goldscheider in „rotem Ton in Terrakotta-Manier“ zu fertigen. Unterstützung findet man in ehemaligen Mitarbeitern von Goldscheider Wien. Auch die Bildhauer Prischl und Knörlein stehen in enger Beziehung zu Carstens. Rudolf Knörlein wird auf Empfehlung Walter Goldscheiders 1954 künstlerischer Direktor der Goldscheider-Herstellung auf dem Tönnieshof und steuert unter anderem auch Negermasken zur Goldscheider-Modellpalette bei, die mit einer von ihm neu entwickelten Grundfarbe versehen sind. Die von ihm entwickelten farbigen Glasuren verleihen den Goldscheider-Masken der 50er Jahre das charakteristische Erscheinungsbild.
Im Jahr 1955 werden in der Goldscheider Produktion 20 Mitarbeiter beschäftigt, die Tanzfiguren, Aktfiguren, Tiere und Wandmasken produzieren. Die Modelle werden weiterhin mit dem Schriftzug Goldscheider und dem G mit eingeschlossenem W und M gemarkt, der Herstellungsort Wien wird allerdings durch West Germany ersetzt. Man findet auf diesen Modellen auch öfters einen goldenen Aufkleber mit dem Slogan „Weltmarke der Keramik“ und der Aufschrift „Goldscheider“ mit dem „GWM“-Zeichen. Die Goldscheider Produktion auf dem Tönnieshof endet im Jahr 1960, die Firma bleibt aber bestehen und vermietet die Räumlichkeiten an die Muttergesellschaft Carstens. Anfang 1963, kaum ein Jahr nach dem Tod Walter Goldscheiders, wird die „Kunstkeramische Manufaktur Friedrich Goldscheider GmbH“ in die „Carstens Tönnieshof GmbH“ umgewandelt.