2085 Goldscheider Salome Cherc

Jugendstil und Art Nouveau unter Regina Goldscheider

Regina Goldscheider

Wien, Österreich

Auch nach dem Tode von Friedrich Goldscheider konnte die Manufaktur unter den Nachfolgern – seiner Witwe Regina, seinem Bruder Alois und seinem Sohn Walter – an die frühen Erfolge nahtlos anknüpfen. Die neu Führung setzte auf junge Künstler wie Friedrich Gornik, Ida Lehman, Otto Hofner oder Johanna Meier, die an der Wiener Kunstgewerbeschule unter den Professoren Josef Hoffmann, Koloman Moser, Arthur Strasser und Michael Powolny ausgebildet worden sind.

Neben den orientalischen Büsten und Statuen wurden weiterhin antike Figuren, Masken nach Vorlagen historischer Persönlichkeiten hergestellt, die neben religiösen und Figuren im Biedermeier-Stil ihren Platz fanden. Auch Tierplastiken und Tänzerinnen gewannen an Popularität.

Um die Jahrhundertwende dominiert das Thema der Weiblichkeit das Kunsthandwerk. Bedingt durch den Jugendstil und die aufklärerische Auseinandersetzung der Psychoanalyse mit Geschlechterrollen innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft, bestimmen zahlreiche laszive Frauen- und unschuldige Mädchenfiguren die Motive dieser Zeit – verfangen in den beiden beliebten Frauentypen dieser Zeit, der femme fatale und der femme enfant.

Zur Dekoration großbürgerlicher Salons verkaufte man Vasen, Schalen sowie Lampen und Uhren. Gerade diese Produkte wurden durch den französischen Jugendstil (Art Nouveau) geprägt, mit länglichen an Pflanzen orientierten Ornamenten. Dieser Stil dominierte mit seiner elegant-manieristischen Linienführung bis 1905. Eine neue Gegenbewegung, die sich Themen des Alltags annahm und diese betont naturalistisch gestaltete, bestimmte fortan die Produktion.

Die Werkstoffe waren in dieser Zeit weiterhin Terrakotta und Bronze sowie Marmor, Alabaster und Kunststein. Sogar Zinn und Zink wurde als Material eingesetzt. Doch die Fayence mit figuralen Darstellungen trat allmählich in den Vordergrund. Im Jahre 1900 wurde von Goldscheider ein wichtiges Patent auf das Verfahren der Dekorierung plastischer Gegenstände angemeldet. Neben diesem Verfahren hob sich die Qualität der Goldscheider Keramik auch durch die Technik der Fayencegestaltung hervor. Fayence wurde bei Goldscheider im besonders aufwendigen Porzellanstil hergestellt, bei dem die Fayence mit eingebrannter Glasurschicht bemalt und noch mal gebrannt wurde. Dadurch erhielten die Goldscheider Figuren eine besonders zierlich anmutende Gestaltung. Die Goldscheider Keramik gewann in dieser Zeit durch zahlreiche Auszeichnungen (Paris, St. Petersburg) sowie durch Berichte in Fachzeitschriften an Ansehen und Popularität – die Marke Goldscheider wurde weltbekannt.

In Wien entstanden um die Jahrhundertwende mehrere Keramikwerkstätten wie die „Wiener Keramik“ von Löffler und Powolny, die mit einer Gruppe von Künstlern wenige Modelle für ein auserlesenes Publikum produzierten. Diese Werkstätten produzierten allerdings verlustbringend und gingen nach wenigen Jahren pleite oder fusionierten wie beispielsweise die „Wiener Keramik“ mit der „Gmundener Keramik“. Der künstlerische Stil einiger dieser Werkstätten beeinflusste teilweise, wie z.B. das Schwarz-Weiß-Dekor, auch einige Goldscheider Modelle. Die Goldscheider Manufaktur beschäftigte in dieser Zeit mehrere hundert Mitarbeiter und produzierte erfolgreich für den weltweiten Markt.

Die mit dem Krieg verbundene allgemeine Notlage und zurückgehende Nachfrage brachte einen Rückgang der Produktionszahlen. In den letzten Jahren des Krieges und einige Jahre danach wurden nur wenige neue Modelle gefertigt. Man griff auf bereits fertige Modelle zurück und legte diese neu auf.